Landstrasse: Geliebt, gehasst … oder am besten vermieden?

Harald Baur – Die Landstraßer Hauptstraße und ich – eine Hassliebe. Ende März, heute soll es frühsommerlich warm werden. Ich freu mich darauf,
mit dem Fahrrad durch den grünen Prater in die Arbeit zu fahren.
Doch zuerst gilt es, über die Landstraßer Hauptstraße zur Kundmanngasse zu kommen.

Seit über einem Jahrzehnt wohne ich im 3. Bezirk und habe eine Hassliebe zur Landstraßer Hauptstraße entwickelt. Es gibt Abschnitte, wo sie eine großzügige Einkaufsstraße mit komfortablen und breiten Gehsteigen ist. Fast ein Ort zum Verweilen, wenn da nicht die Autos wären. Vor allem zu Stoßzeiten ist der Autoverkehr erdrückend. Auf der Höhe Rochuskirche ist die Landstraßer Hauptstraße vierspurig, natürlich optimiert für den Autoverkehr. Und genau dort endet auch der Fahrradweg Richtung Wien Mitte. Ist es normal eine vierspurige Straße mitten im dritten Bezirk zu haben, oder stört das nur mich?

Als Vater von zwei Teenagern, die neben der Landstraßer Hauptstraße aufwachsen, sind mir sichere und aktive Mobilitätsalternativen wichtig. Ich fahre am liebsten mit dem Fahrrad, doch der Radweg auf der Landstraßer Hauptstraße ist bescheiden schmal und die strichlierte Linie lässt nicht gerade ein Gefühl der Sicherheit aufkommen.

Auf geht’s Richtung Prater, aber zuerst kommt die Landstraßer Hauptstraße.
Werde ich gequetscht oder geht sich das noch aus?

Meine beiden Teenager Kinder weigern sich, auf dieser stark befahrenen Straße mit dem Fahrrad zu fahren. Sie fühlen sich nicht sicher, und ehrlich gesagt würde ich mich auch nicht wohl dabei fühlen, sie dort allein radeln zu lassen. Sogar meine Frau verweigert die Landstraßer Hauptstraße mit dem Fahrrad.

Ich bin in Graz direkt an einer vielbefahrenen Straße aufgewachsen mit Straßenbahnschienen, die kaum Abstand zur Gehsteigkante hatten, und auch Rettungsautos im Einsatz zum Landeskrankenhaus sind mir nicht fremd. Doch wo bleibt die Gleichberechtigung von Verkehrsteilnehmern? Wieso wird so viel öffentlicher Platz für Autos reserviert? Hauptsache man kommt mit dem Auto möglichst schnell von A nach B. Die grüne Welle für Autos, aber die Radler stehen bei jeder Ampel. Dafür stehen Autos an sich schon einmal 95% ihrer Zeit einfach nur so herum und besetzen knappen öffentlichen Raum in Wien.

Hallo, wir haben 2023, da sollte man meinen, es geht auch anders. Ich finde, es ist Zeit für eine Veränderung! Zu einer guten Lebensqualität gehört auch die Gleichberechtigung aller Verkehrsteilnehmer, Autofahrer und Fahrradfahrer sind nur zwei davon. Wie müssen sich erst Personen fühlen, die nicht gut zu Fuß unterwegs sind, wenn sie die Landstraßer Hauptstraße queren wollen?

Ich für mich habe entschieden, die Landstraßer Hauptstraße mit dem Fahrrad möglichst zu vermeiden. Nur blöd, dass das nicht immer geht, schließlich ist sie der direkte und kürzeste Weg Richtung Innenstadt.

Mit der Zeit habe sogar ich gelernt, dass ich nicht jeden Tag einen neuen Geschwindigkeitsrekord aufstellen muss. Rücksicht nehmen auf andere Verkehrsteilnehmer nehmen und sich unterwegs einfach ein bisschen mehr Zeit lassen tut nicht nur mir gut sondern wirkt sich hoffentlich positiv auch auf das Wohlbefinden anderer im dritten Bezirk aus. Übrigens, auch ein Lächeln kann ein bisschen glücklich machen, und ich bin mir sicher, dass ein Lächeln erwidert wird … es ist ansteckend! Ich habe es diese Woche bereits ausprobiert und es hat funktioniert 😉

Sorry, aber hier endet dann der „Fahrradweg“.